Ursprung der Wildeshauser Geest


Die Wildeshauser Geest liegt auf dem sog. mittleren oldenburgischen Geestrücken und entstand durch die Eiszeit. Als das Eis zurück wich, wuschen die gewaltigen Schmelzwassermengen den auftauenden Erdboden stark aus. Die Findlinge und Sande blieben am Rand des Eises liegen, die wertvollen Tone wurden von Wasser fortgespült. Wo die Auswaschung nicht so stark war, blieb der Sand mit Ton vermischt und lehmige Böden bleiben zurück. Diese sind die Grundlage für die späteren fruchtbaren Böden, die sog. Esche (Esch ist ein sehr altes gotisches Wort für Ackerland).
Da die Esche aber relativ selten vorkommen, war die Geest vor der Erfindung des Kunstdüngers ein unfreundliches Land, das nur wenige Menschen ernähren konnte (das Wort kommt von niederdeutsch güst = trocken, wüst, unfruchtbar). Die Dörfer entstanden an diesen Eschen ("Eschdörfer" wie Ahlhorn, Huntlosen, Großenkneten), die bis zum 800 Jahrhundert relativ unverändert blieben. Dann kam das Düngen mit den sog. Heideplaggen auf, und im eschnahen Bereich konnte weiteres Land nutzbar gemacht werden, die sog. Kämpe mit sog. einstelligen Bauernhöfen, aus denen sich bis heute weitere kleine Bauernschaften entwickelt haben (z.B. Lethe, Hagel, Moorbeck). Im 19. Jahrhundert wurden dann vom Staat geplant sog. Kolonien gegründet. Dazu gehören Steinloge, Halenhorst, Hespenbusch u.a.
(Gemeindeentwicklung unter <Gesamtgemeinde Großenkneten>.)  

Die vom zurückweichenden Eis hinterlassene Landschaft war ursprünglich leicht hügelig, und so konnten sich in den Senken, wo das Wasser nicht abfließen konnte, große Moorgebiete bilden, die früher ebenfalls als lebensfeindlich galten. 

Ursprünglich, d.h. in der Steinzeit, war die Gegend vermutlich von gemischten Birken- und Eichenwäldern bestanden. Wichtige Beweise dafür lieferten u.a. Untersuchungen unter den Megalith- und Hügelgräbern. Das Erdreich unterhalb der Grabanlagen wies zu keiner Zeit Bodenschichten auf, die für Heide typisch sind. Die Gräber sind eindeutig in Waldgebieten errichtet worden. 
Die Menschen, die hier siedelten, haben seit ewigen Zeiten das Holz zum Bauen und die Wälder als Viehweiden benutzten (sog. Hudewälder), wobei das Vieh die jungen Triebe abfraß. Bei der sog. "Schneitelwirtschaft" wurden außerdem Äste und Zweige von den Bäumen abgeschnitten; das Laub bzw. Laubstroh wurde an die Tiere verfüttert.
 Neuanplanzungen wurden früher aber nie vorgenommen, und so ging der Waldbestand bis auf einige „Stühbüsche“ und „Krattwälder“ kontinuierlich zurück. Die Heide breitete sich aus. Man nimmt an, dass sie ihre größte Ausdehnung im 17. und 18. Jahrhundert hatte.
In dieser Zeit nahm aber auch die Bewirtschaftung, insbesondere durch Schafzucht, deutlich zu. Die Schafe schafften es vermutlich, diese Heideflächen in Dorfnähe drastisch zu reduzieren und den Sand bloßzulegen. Dadurch entstanden große Flächen mit Sanddünen. Eine ganze Dünenkette muss sich im 18. Jahrhundert z.B. von der Lethe bis zur Sager Schweiz hingezogen haben und drohte bis ca. 1800 die lebensnotwendigen Eschfluren des Dorfes Sage zuzuwehen. Als wirksame Gegenmaßnahme wurden um 1750 sog. Sandfänge aus Flechtzäunen und Heideplacken errichtet. Eine heute noch sichtbares Beispiel „Dirk Abels Höge“, ein 800 m langer Sandfang in Sage.

Wie oben bereits erwähnt, war die Geest vor 5000 Jahren mit gemischten Birken- und Eichenwäldern bewachsen, die von Eschen, Linden und Ahorn durchsetzt waren. Erst nachdem der Mensch mit der systematischen Waldrodung begonnen hatte, d.h. im 2. Jahrhundert v. Chr. konnten sich auch Buchen ansiedeln. Die Buch ist ein typischer "Kulturfolger", der in natürlichen Wäldern keine Überlebenschance hat und nur auf gerodeten und wieder freigegebenen Flächen gedeiht. Nadelbäume werden erst seit ca. 250 Jahren angepflanzt
, d.h. als man in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert begann, die Heide wieder aufzuforsten. Wo es möglich war, wurden auch Eichen- oder Buchenwälder angepflanzt. Aber zumeist waren die Heideflächen so unfruchtbar, dass nur Nadelbäume gedeihen. In letzter Zeit bemüht man sich vermehrt, Mischwald anzubauen, um den Boden so aufzubessern. Zwischen 1880 und 1890 wurden im Bereich des Forstamtes Ahlhorn 34 Millionen Bäumchen gepflanzt, nachdem der Heideboden zuvor mit einem Dampfpflug aufgebrochen worden war.

Noch ein kleiner geschichtlicher Abstecher: Um Christi Geburt lebten in der Geest die sog. "Chaucken", die im 4. Jahrhundert von den Sachsen annektiert wurden. Die Sachsen waren ursprünglich nördlich der Elbe im jetzigen Schleswig-Holstein beheimatet und haben nach und nach die Gebiete bis hinunter nach Thüringen und dem heutigen Sachsen erobert. Die Geestbewohner sind also auf jeden Fall keine Friesen.  

Heute ist die leicht wellige Geestlandschaft nach wie vor von der Landwirtschaft geprägt. Sie ist ein ideales Gebiet für den Erholungssuchenden. Man findet Mischwälder, Urwälder, Felder und Wiesen mit Wallhecken, idyllische Flusstäler, Moore, Heideflächen, Sanddünen und Alleen. Dazwischen eingestreut liegen prähistorische Großstein- und Hügelgrabanlagen, Wasser- und Windmühlen, Schafkoben und nicht zuletzt prächtige Bauernhäuser.

Beim Biohof Bakenhus bei Großenkneten wurde im Zusammenhang mit einem Lehrpfad ein Bodenschnitt aufgegraben, der Schichtungen von der letzten Eiszeit bis heute freilegt:


Copyright: B. Rothmann V 1, zuletzt geändert am 9.4.07